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Friday, September 11, 2020

Erste Sichtung seit 200 Jahren - Westfalen-Blatt

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„Es ist schon eine kleine Sensation, dass Exemplare dieser Tierart wieder häufiger in NRW auftauchen“, sagt Matthias Füller von der Biologischen Station des Kreises. Nachweise sind zum Beispiel aus den Kreisen Höxter, Paderborn und Herford bekannt. „Als ich 1980 mein Biologiestudium begann, schien es ausgeschlossen, dass ich in Deutschland mal einen Biber sehen würde. Nur an der mittleren Elbe lebten damals noch welche.“

Am 28. Juni hatte Jannis Geburtstag. Abends radelte die Familie zum Pizzaessen, und auf dem Rückweg ging’s an der Emmer entlang. Zum Glück hatte der Schüler sein neues Handy dabei, denn plötzlich sah er am Ufer ein Tier. Sein Vater Jens: „Wir haben dem Biber bestimmt zehn Minuten zugesehen, und Jannis hat gefilmt.“ Dass es ein Biber war, wusste die Familie damals noch nicht. „Und dass es eigentlich keinen Biber in Lippe gab, ahnten wir auch nicht“, sagt Mutter Christine Köllermeier.

Biber werden gelegentlich mit den aus Südamerika stammenden Nutrias verwechselt, den sogenannten Biberratten. Das weiß auch Jens Köllermeier. Deshalb schickte er die Fotos an den Bürgermeister, der sie an die Biologische Station weiterleitete. „Wir haben die Familie erstmal gebeten, nichts ins Internet zu stellen, um keine Hinweise auf den Lebensraum des Bibers zu geben – wenn es denn einer sein sollte“, sagt Biologe Matthias Füller. Doch die Bilder ließen keinen Zweifel: „Die Schwanzflosse ist eindeutig.“ Woher der Biber kommt, ist unbekannt. „Gewöhnlich leben Elterntiere mit dem Nachwuchs aus zwei Jahren zusammen. Dann verlassen die ältesten Jungtiere die Gruppe“, sagt Füller. Sie ziehen oft viele Kilometer weiter. Es spreche einiges dafür, dass der Biber von der Emmer so ein Jungtier sei. Ob er jemals einen Partner finden und sich fortpflanzen werde, sei ungewiss. „In Bünde wartet ein Biber schon seit Jahren an der Else auf Gesellschaft.“

Rückkehr des ­Bibers nach Lippe eine Riesenfreude

Der letzte Nachweis von Bibern in Lippe sei mehr als 200 Jahre alt, erzählt der Biologe. „Es ist eine Rechnung über Biberfleisch, die der Hausherr der Burg Blomberg bezahlt hat.“ Biber seien wegen ihres dichten Fells und ihres Fleisches gejagt und letztlich ausgerottet worden. „Mönche aßen sie zum Beispiel während der Fastenzeit. Da war ihnen Fleisch zwar verboten, aber sie zählten die Biber einfach zu den Wassertieren, und Fisch war ja erlaubt.“ Heute stehen Biber unter Schutz, sie dürfen nicht gejagt werden. Die Nagetiere hätten auch kaum noch natürliche Feinde wie Bär, Luchs oder Wolf, sagt der Experte.

„Biber sind Vegetarier und fressen Weichholz, wie es ihnen Weiden und Pappeln bieten.“ Es komme zwar schonmal vor, dass ein Biber auch einen Baum aus Hartholz umlege, aber nur, um Licht zu schaffen und die Bedingungen für seine Nahrungspflanzen zu verbessern. „Der Biber bewegt sich selten weit von seinem Bau fort und gestaltet deshalb die Gegend nach seinen Bedürfnissen.“

Den Bau, die sogenannte Biberburg, können die Tiere nur tauchend erreichen. Damit der Eingang auch bei Niedrigwasser unter der Wasserobenfläche liegt, legen Biber gelegentlich Staudämme an.

Für ihn sei die Rückkehr des ­Bibers nach Lippe eine Riesenfreude, sagt Matthias Füller. „Es ist schon verrückt: Während wir weltweit ein Artensterben beobachten wie nie zuvor, tauchen einige Tiere wie Wölfe, Luchse und Biber wieder auf – Tiere, die für viele Menschen für Wildnis stehen.“

Auch Jannis Köllermeier, der am Freitag in der Schule von Schülern und Lehrer ausgefragt wurde, freut sich über seine Entdeckung: „Das ist schon cool.“




September 12, 2020 at 08:00AM
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