Es ist eines der großen Geheimnisse der Wissenschaft: Wie viele Tierarten gibt es wirklich auf dieser Welt? Der Großteil der Lebewesen, die auf der Erde leben, ist noch von keinem Menschen entdeckt worden.
Rund 1,8 Millionen Tier-, Pilz- und Pflanzenarten wurden bislang von Wissenschaftlern beschrieben. Ein noch größerer Rest ist jedoch unerforscht. Die Anzahl aller Arten, die unsere Erde besiedeln, liegt Schätzungen zufolge bei etwa neun Millionen. Das bedeutet: Acht von zehn Arten sind unbekannt. Nimmt man die Welt der Bakterien und Urbakterien hinzu, sind es sogar viele, viele mehr. Eine Hochrechnung kommt auf eine Billion. Eine unvorstellbare Zahl.
Säugetiere sind meist gut beschrieben, aber über zahlreiche Insekten, Fische und Würmer weiß man noch vergleichsweise wenig. Niemand kann wirklich sagen, wie viele Fische und Schnecken in den Meeren leben, wie sie aussehen und sich verhalten. Der Grund: Viele Arten leben in Gebieten, in denen es kaum Menschen gibt, zum Beispiel auf einsamen Inseln, in Regenwäldern oder auf dem Grund der Ozeane.
Unter ihnen befinden sich die erstaunlichsten Gestalten. Vor einigen Jahren wurde etwa eine neue Affenart beschrieben, die Lomami-Meerkatze. Sie hat riesige Augen und würde als Plüschtier jedem Teddy Konkurrenz machen. Sie wurde nur durch Zufall entdeckt: Forscher lernten in einer entlegenen Gegend in Zentralafrika die Tochter eines Schulleiters kennen. Das Mädchen hielt die Meerkatze als Haustier. Jedes Jahr werden rund 18000 neue Arten entdeckt. Das passiert aber in der Regel nicht nebenbei und zufällig wie bei der Meerkatze. Normalerweise begeben sich Forscher auf Expeditionen, die vorher gründlich geplant wurden.
Die Wissenschaftler haben meistens ein Spezialgebiet, in dem sie sich hervorragend auskennen, zum Beispiel eine ganz bestimmte Gruppe von Käfern oder Fröschen. In entlegenen Gebieten sammeln sie Tiere mit Käschern und Fallen ein. Die Forscher beobachten die Tiere, filmen sie und nehmen ihre Laute auf. Einige Exemplare werden getötet und nach Ende der Expedition in die Forschungsstätte gebracht.
Denn ob es sich wirklich um eine neue Art handelt, kann man meist erst im heimischen Labor herausfinden. Dort werden die Tiere genau beschrieben und eingeordnet: Wie sehen sie aus? Welche Färbung hat ihr Panzer, ihre Haut oder ihr Fell? Kann man beschreiben, wie sie sich in der Natur verhalten? Wie unterscheiden sie sich von anderen, bereits bekannten Lebewesen?
Früher mussten sich Forscher oft allein auf das Aussehen verlassen, um zu entscheiden, ob zwei Käfer zwei unterschiedliche Arten sind oder nur zwei verschiedene Muster haben. Heute kann man das viel besser mithilfe eines DNA-Tests feststellen. Dabei wird das Erbgut der Tiere miteinander verglichen. So kann man herausfinden, wie eng die Tiere miteinander verwandt sind.
Dabei wird ein System benutzt, das alle Lebewesen in unterschiedlichen verwandtschaftlichen Stufen erfasst. Es gibt zum Beispiel mehrere Tausend Säugetier-Arten, darunter sind Huftiere wie Pferde oder Primaten wie die Meerkatzen. Innerhalb der Affen gibt es gut 500 Arten, eine wäre beispielsweise der Schimpanse. Eine Art ist üblicherweise dadurch gekennzeichnet, dass sich ihre Mitglieder untereinander fortpflanzen und die Kinder selbst Junge bekommen können – logisch, denn nur so kann die Art weiterbestehen. Unter Schimpansen klappt das.
Wird eine neue Art beschrieben, darf sich der Forscher schließlich den Namen ausdenken. Unter Wissenschaftlern gibt es ein ungeschriebenes Gesetz: Sie nennen die von ihnen entdeckten Tiere nicht nach sich selbst, denn in der Wissenschaft gilt: Eigenlob stinkt.
Stattdessen bekommen die Tiere häufig einen Namen, der an ihr Aussehen oder den Ort, an dem sie leben, angelehnt ist. Manchmal wird es auch ein bisschen lustig. Es gibt etwa einen Tiefsee-Tintenfisch namens "Vampyroteuthis infernalis", der die Forscher durch die Haut zwischen den dunklen Fangarmen an einen Vampir erinnerte. Andere Wissenschaftler nennen die Tiere nach Prominenten oder Figuren aus Filmen und Büchern. Zum Beispiel wurde der Eichelwurm "Yoda purpurata" nach Yoda aus "Star Wars" benannt, der Käfer "Agra schwarzeneggeri" nach dem Schauspieler Arnold Schwarzenegger, weil sowohl der Käfer als auch Schwarzenegger stark ausgebildete Armmuskeln haben.
Und wieder andere Wissenschaftler gehen bei der Namenswahl pragmatisch vor. Ein Biologe benannte Schnecken "Aaadonta" und "Zyzzyxdonta" – damit sie in den alphabetischen Listen immer ganz vorn und ganz hinten stehen.
July 26, 2020 at 04:19PM
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